„So Männer, die Kühltasche ist gepackt. Schatz hast du das Tip Toi und Spielsachen für Phileas eingepackt? Unsere Decke? Der Bollerwagen steht bereit? Gut. Oh, wir brauchen noch unsere Tabaktasche.“ Höre ich Steffi heute noch sagen. Im Corona Frühjahr 2020 sind wir oft einfach raus in die Natur. Auf Felder, in irgendeinen Wald. Mit der Zeit hatten wir unsere Stammplätze. Weil wir unseren „schlechten“ Angewohnheiten wie Rauchen und Alkoholkonsum. Eigentlich nur ab und an frönten. Und wenn, dann so das Phileas nicht viel davon mitbekommt. Abends im Urlaub, beim Ausgehen, aber nie daheim. Doch all das war in Zeiten von Corona ja nicht mehr möglich. Daraus entwickelte sich unser sogenanntes „Kneipen-Picknick“. Darüber scherzten wir dann öfter.

Realistisch wie Steffi immer war. Sprach sie immer wieder mal das Thema Tod an. Die Gespräche gingen dann meist in die Richtung wie sich denn der andere Partner den Tod vorstellt? Wie er beigesetzt werden möchte? Und für den Fall, dass man nur noch durch Maschinen am Leben gehalten werden kann, was ist dann mit einer Patientenverfügung?  Eben auch ganz pragmatische, aber so wichtige und wertvolle Dinge. Was kann der andere noch für einen tun? Steffi hatte da eine klare Haltung. Wenn sie nicht mehr selbst für sich sorgen kann, nur noch künstlich am Leben gehalten wird. Dann will sie lieber sterben und gehen dürfen. Die Beisetzung in einem Friedwald, fände sie eine schöne Sache. Sagte sie einmal. 

Ich teile absolut ihre Ansicht und bin unglaublich dankbar zu Lebzeiten mit ihr so offen darüber gesprochen zu haben. Das hat mir extrem geholfen, als es tatsächlich darauf ankam und ich entscheiden musste was nun passiert. Ich musste nicht überlegen ich wusste es.

Wir fanden einen Friedwald. Nun galt es noch einen passenden Baum auszuwählen. Der erste Kontakt mit dem Wald war ein sehr besonderer. Es war Ende August 2020. Ich war seit knapp drei Wochen in einem „Trance“ Zustand aus Trauer, Schmerz und Erinnerung. Daneben ganz viel Fühlen, ein fühlen für den Moment und dem Wunder was sich Leben nennt. Ein Gefühl welches ich mir behalten habe. Wir liefen also in den Wald und ich spürte eine Beruhigung und Wärme in mir. Die bis dato weg war. Wie immer hatten wir unseren Bollerwagen, unsere Decke, Spielsachen und zumindest ein Radler dabei und machten „Kneipen-Picknick“ im Friedwald. Aus der Baumsuche wurde ein Spiel und so streiften wir durch den Wald. Es war auch für Phileas beruhigend so mit dem Thema Beisetzung konfrontiert zu werden. An diesem Tag fanden wir noch nicht den Richtigen Baum. Und inzwischen suchten wir auch nicht mehr nach einem passenden Baum für Mama, sondern für Phileas. Denn er möchte jetzt  nämlich einen Baum haben wo die Mama dann hin darf.  

Eine Woche später fuhren wir also nochmal in den Friedwald. Wie üblich ausgestattet und diesmal nahmen wir noch Seifenblasen mit in den Wald. Ich hatte schon ein paar Bäume ausgesucht, doch ich wollte Phileas die letzte Entscheidung überlassen. Wir pusteten Seifenblasen und schauten uns die Bäume an, welche in Frage kommen. Ein einem der Drei, blieb er etwas andächtig stehen, er überlegte. Ich fragte ihn wie ihm der Baum gefällt. Dann schau ich neben mir runter und sehe einen Aschenbecher liegen. Mitten im Wald, ich denke mir „Kneipen-Picknick“ das ist unser Platz. Phileas sagt „gut, denn will ich“. Es ist ein Feldahorn.

Traurig-schön ist es im Friedwald. Ein Ort der Verwandlung. Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Blühen und Verwelken. Leben und Tod.

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